Gesetzentwurf zur Änderung des Lobbyregistergesetzes eingebracht
© Deutscher Bundestag / Janine Schmitz / photothek

Gesetzentwurf zur Änderung des Lobbyregistergesetzes eingebracht

Die Koalitionsfraktionen haben am 20. Juni 2023 einen Gesetzentwurf zur Änderung des Lobbyregistergesetzes in den Deutschen Bundestag eingebracht (BT-Drucksache 20/7346).

Dieser beinhaltet eine Vielzahl von Änderungen am bestehenden Lobbyregistergesetz, die das Ziel haben, die Transparenz im Bereich der Interessenvertretung auf Bundesebene signifikant zu erhöhen.

Das Gesetzgebungsverfahren hat jetzt begonnen. Der Deutsche Bundestag hat am 23. Juni 2023 in erster Lesung über den Gesetzentwurf und weitere Vorlagen zum Lobbyregistergesetz beraten und diese dem Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung zur federführenden Beratung sowie verschiedenen anderen Fachausschüssen zur Mitberatung überwiesen.

Plenarprotokoll-20_113-data.pdf (bundestag.de)

Eine öffentliche Anhörung zum Gesetzentwurf wird voraussichtlich im September stattfinden. Die neuen Regelungen sollen zum 1. Januar 2024 in Kraft treten. Die Anpassung sämtlicher Registereinträge an die neuen gesetzlichen Vorgaben soll dann durch die Interessenvertreterinnen und Interessenvertreter bis zum 1. Juli 2024 abgeschlossen sein.

Inhalte des Änderungsentwurfs

Hier die aus meiner Sicht wichtigsten Änderungsvorschläge:

1.

Es soll zukünftig immer verpflichtend angegeben werden müssen, auf welche konkreten Gesetzes- oder Verordnungsvorhaben sich die Interessenvertretung jeweils bezieht. Bereits jetzt besteht in der Registeranwendung eine direkte Anbindung zum Dokumentations- und Informationssystem für Parlamentsmaterialien (DIP) [www.bundestag.de/dip], so dass die Drucksachen unmittelbar aus dem Lobbyregister heraus aufgerufen werden können.

 2.

Zudem sollen künftig auch die zugehörigen grundsätzlichen Stellungnahmen und Gutachten der Interessenvertreterinnen und Interessenvertreter durch diese im Register hochgeladen werden. Dies soll unter Angabe des Zeitpunkts, der betroffenen Interessen- und Vorhabenbereiche und einer abstrakten Bezeichnung der Adressatinnen und Adressaten erfolgen, so dass auch eine sachgerechte Zuordnung und Auswertung der zu erwartenden vielfältigen Informationen ermöglicht werden kann.

 3.

Die einzutragenden Finanzangaben sollen künftig aussagekräftiger werden durch den vollständigen Wegfall der Möglichkeit, diese Angaben zu verweigern, und durch die zusätzliche Aufnahme von Mitgliedsbeiträgen in die verpflichtenden Finanzangaben.

4.

Es soll weiterhin eine Harmonisierung mit den Angabeverpflichtungen im EU-Transparenzregister erfolgen, indem künftig zusätzlich die Hauptfinanzierungsquellen benannt sowie Schenkungen, sonstige lebzeitige Zuwendungen und Mitgliedsbeiträge nur dann angegeben werden sollen, wenn sie 10 % der – ebenfalls neu anzugebenden – Gesamteinnahmen in den jeweiligen Bereichen ausmachen und deshalb vermutet werden könnte, dass hier ein lenkender Einfluss ausgeübt wird. Zudem ist eine Übergangsregelung für Schenkungen, die vor dem 1. Januar 2024 erfolgt sind, vorgesehen.

5.

Das Problem der #Kettenbeauftragung, bei der die Gefahr der Verschleierung der Identität der ursprünglichen Auftraggeberin oder des ursprünglichen Auftraggebers besteht, soll durch die Verpflichtung zur Offenlegung der vertretenen Drittinteressen und der jeweiligen Auftragsvolumina angegangen werden. Dabei soll auch klargestellt werden, dass gegebenenfalls auch Drittstaaten als Auftraggeber benannt werden müssen.

6.

Auch der so genannte #Drehtüreffekt beim Wechsel von Mandats- und Amtsträgerinnen und -trägern in Tätigkeiten der Interessenvertretung soll durch die Verpflichtung zur Offenlegung aktueller oder früherer Ämter und Mandate für einen zurückliegenden Zeitraum von fünf Jahren in Bundestag, Bundesregierung oder Bundesverwaltung der im Register eingetragenen Personen sichtbar gemacht werden.

7.

Der Kreis der Adressatinnen und Adressaten von Interessenvertretung soll auf die Referatsebene in den Bundesministerien und im Bundeskanzleramt erweitert werden.

8.

Schließlich sollen weitere Änderungen am Gesetzestext vorgenommen werden, die das Lobbyregister insgesamt praktikabler und aussagefähiger machen sollen, beispielsweise durch

  • Vereinfachung der Aktualisierungspflichten,
  • Umstellung der Angabe der Anzahl der Beschäftigten im Bereich der Interessenvertretung von Kopfzahlen auf Vollzeitäquivalente
  • die Verpflichtung, zukünftig nicht nur Beschäftigte, sondern auch Personen, die nicht nur bei Gelegenheit mit der Interessenvertretung betraut sind, und die Interessenvertretung – beispielsweise ehrenamtlich – unmittelbar ausüben, im Register anzugeben,
  • die Verpflichtung, dass nunmehr alle juristischen Personen ihre Jahresabschlüsse oder Rechenschaftsberichte des letzten oder vorletzten abgelaufenen Geschäftsjahres im Lobbyregister veröffentlichen sollen, auch wenn bereits anderweitige Offenlegungspflichten bestehen,
  • Klarstellung, dass Auftraggeberinnen und Auftraggeber von Interessenvertretung auch selbst eintragungspflichtig sind, wenn die Beauftragung unter Gewährung einer Gegenleistung erfolgt,
  • Klarstellung, dass beispielsweise Kammern als Körperschaften des öffentlichen Rechts mit gesetzlichem Auftrag zur Wahrnehmung von Interessenvertretung nicht eintragungspflichtig sind, bei gleichzeitiger Schaffung eines Anreizes, sich freiwillig in das Register einzutragen,
  • Schaffung der Möglichkeit für Einzelkaufleute, ihren Firmennamen einzutragen, sowie bei allen natürlichen Personen, die Künstler- oder Ordensnamen anzugeben,
  • gesetzliche Verankerung der historischen Versionen der Registereinträge und
  • Stärkung der registerführenden Stelle durch eigenständige Prüfbefugnisse.

Mögliche Wirkungen der vorgesehenen Änderungen

Mit diesen umfangreichen Änderungen könnte das deutsche Lobbyregister zu vergleichbaren Regelungen anderer Staaten und der EU aufschließen und deren Transparenzgewährleistungen teilweise sogar übertreffen.

Klar ist aber auch, dass die geplanten Neuregelungen den Interessenvertreterinnen und Interessenvertretern deutlich mehr abverlangen werden als bisher.

Selbstverständlich wird die registerführende Stelle in der Bundestagsverwaltung – wie bereits bei der Einführung des Registers – alles dafür tun, den Übergangs- und Eintragungsprozess so einfach und so praktikabel wie nur möglich zu gestalten.

Wir stehen zudem unter lobbyregister@bundestag.de und über unsere Telefon-Hotline (030-227-37555) für Beratungs- und Unterstützungsleistungen zum Lobbyregister zur Verfügung und werden das Informations- und Beratungsangebot weiter ausbauen.

Lesehilfe zum Gesetzentwurf

Zur Verbesserung der Lesbarkeit der vielfältigen Änderungsvorschläge stelle ich in einem weiteren Beitrag

eine „Lesehilfe“ zum Gesetzentwurf zur Verfügung.


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Deutscher Bundestag - Verwaltung

Sven Stumpf

Referent für Advocacy bei SOS-Kinderdorf e.V. | Kinderrechte| Jugendpartizipation| NGOs| SDGs| Menschenrechte| Trade and Investment Policy| Doktorand an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg

10mo

Vielen Dank für die umfänglichen Informationen.

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